Zweiter Fußverkehrs-Check im Format „Wetterleuchten“ in Jena
Foto: Christiane Herzog-Schlagk, FUSS e.V.

Fußverkehrs-Checks haben zahlreiche Bezeichnungen und es ist mitunter nicht ganz einfach, Unterschiede und besondere Merkmale auszumachen. Wenn in einer Erläuterung oder in einem Leitfaden steht, dass Fußverkehrs-Checks genau so und nicht anders durchzuführen sind, dann legen Sie das nicht auf die „Goldwaage“. Mitunter wird z.B. angegeben, dass eine öffentliche Beteiligung unbedingt dazu gehört, ein Check stets in zwei Workshops einzurahmen oder auch stets eine Fachfirma zu beauftragen ist. Ihr Fußverkehrs-Check aber muss mit Ihren Zielvorstellungen und Schwerpunktsetzungen übereinstimmen und daraus ergeben sich der Kreis der einzuladenden Personen, das Format und damit auch die Durchführung in der Praxis. Wir möchten Sie dazu ermuntern, Ihre Vorgehensweise selbst zu bestimmen und gegebenenfalls auch zu experimentieren. Dafür sind die folgenden Kurzbeschreibungen von 15 ausgewählten Formaten gedacht:

Die Kurzbeschreibungen der verschiedenen Formate konnten nur teilweise durch Umsetzungs-Hilfen angereichert werden. Für einzelne dieser Formate finden Sie Beispiele von durchgeführten Fußverkehrs-Checks. Auf dieser Website stehen die Umsetzungs-Formate im Vordergrund und die eher theoretischen Zuordnungs-Begriffe wurden als zusätzliche Hintergrundinformation unter Methoden eingestellt.

Zum Schluss folgen die

Burano-Methode (1)

Die Burano-Methode wurde entwickelt, um bauliche, sozioökonomische und zwischenmenschliche Aspekte in den Wechselbeziehungen zu untersuchen. Sie beruht auf der These, dass nicht die hohe Verdichtung, sondern in erster Linie qualitative Aspekte einen Einfluss auf die sozialen Interaktionen in einem Ort haben. Es ist mit dieser Methode möglich, in kurzer Zeit die Qualität eines Ortes zu erfassen und darzustellen.

Der Schwerpunkt liegt in der Erfassung von baulichen (Baustruktur und Baugestalt), sozioökonomischen (Gesellschaft und Wirtschaft) und zwischenmenschlichen (Kommunikation) Aspekten. Somit können Aussagen über die Wechselbeziehungen zwischen Bau- und Lebensformen erfasst und Einblicke in Lebenssituationen getroffen werden. Der Check ist hilfreich für Entscheidungen beim Entwurf für Stadt- und Sozialplanerinnen und -planer, sowie für Planungen bei Reparaturen in öffentlichen Räumen und Wohnquartieren. Die Burano-Methode ist für Experten, wie Architektinnen und Architekten, Stadtplanerinnen und Stadtplaner, sowie für die zuständigen Verwaltungen ausgelegt.

Während der Vorbereitung wird eine Kartierung der räumlichen Situation und die Erfassung der Charakteristiken des zu untersuchenden Ortes vorgenommen.

Bei der Durchführung des Checks werden die Randnutzungen (Erdgeschoss, evtl. auch Nutzungen im Obergeschoss), sowie Gegenstände im öffentlichen Raum (auch kleine Gegenstände, Abfalleimer, Stühle, Kinderwagen, etc.) erfasst. Dabei wird auf die Tätigkeiten der Personen im Freiraum und deren Merkmale (Beruf, Alter, Geschlecht etc.) geachtet um diese zu vergleichen. Auch wird bei Sitzenden/Stehenden die Blickrichtung und bei Gehenden die Gehrichtung berücksichtigt, sodass Interaktionen identifiziert werden können.

Für die Nachbereitung der Burano-Methode ist eine exakte Plandarstellung hilfreich, die die räumliche Situation, sowie die vorhandenen Elemente mit den Personenaktivitäten verknüpft, um somit anschließend die Funktionalität einer räumlichen Situation und dort stattfindende Nutzungsmuster zu analysieren. Ebenfalls nützlich sind Interviews, um Rückschlüsse aus den erfassten Daten zu ziehen.

Die Burano-Methode wurde erstmals auf der Venedig vorgelagerten Insel Burano im Jahr 1972 durchgeführt, ist zumindest nach der Fachliteratur der älteste Begriff für einen Fußverkehrs-Check und wurde deshalb an den Anfang der Auflistung gestellt.(2) Sie ist den Beobachtungs-Methoden und der sogenannten Momentaufnahme zuzuordnen.

In Anlehnung an die Burano-Methode fand innerhalb der Evaluierung des Christian-Broda-Platzes in Wien unter anderem eine teilnehmende Beobachtung statt. Diese hatte verglichen zur Burano-Methode den Unterschied, dass aufgrund der hohen Frequenz am Platz keine Momentaufnahme aller Anwesen angelegt wurde, sondern nur die verweilenden Tätigkeiten räumlich zugewiesen wurden.(3)

BlitZlicht

Es handelt sich um einen praxisbezogenen Fußverkehrs-Check für eine recht schnelle und in der Regel noch nicht ins Detail gehende Betrachtung der Zustände, verbunden mit ersten Verbesserungsvorschlägen. „Blitzlichtartig“ (flashlight) bedeutet, dass die örtliche Situation für eine nur kurze Zeit „beleuchtet“ und betrachtet wird und dies kann bei den Betrachtern subjektive Erkenntnisse auslösen. Das Verfahren setzt weder eine genaue Ortskenntnis voraus, noch die Berücksichtigung von bisherigen Diskussionen, Beschlüssen, etc. Das heißt, die Ergebnisse können Ungenauigkeiten enthalten und auch Maßnahmenideen und -vorschläge, die in der Kommune bereits diskutiert und evtl. zustimmend oder abschlägig behandelt wurden. Es kann daraus aber durchaus auch eine gutachterliche Stellungnahme entstehen.

Das Format kann konkret umgesetzt werden, indem z.B. eine durchaus auch ortsunkundige Person eine Begehung durchführt und seine/ihre Gedanken aus einer bestimmten Sichtweise heraus (z.B. Barrierefreiheit, Senioren, Kinder, Zu-Fuß- Gehende, etc.) formuliert. Diese Person muss keinesfalls eine Auditorenausbildung durchlaufen haben und zertifiziert sein.(4) Sie muss lediglich die Fähigkeit haben, Situationen zu erkennen und einzuschätzen und Erfahrungen als Teil der Zielgruppe einbringen können. Selbstverständlich kann „BlitZlicht“ auch von mehreren Personen durchgeführt werden. Es ist sinnvoll, eine Reihe von Situationsfotos zu machen und ein Aufzeichnungsgerät dabei zu haben. Die Methode beinhaltet allerdings erst einmal keinen Ansatz für eine Bürgerbeteiligung, sondern ist eine hilfreiche Grundlage, um darauf aufbauend eine Begehung durch eine Gruppe durchführen zu können.

Durch den geringen Personalaufwand ist die Begehung weder zeitlich noch räumlich eingeschränkt und auch die Intensität ist variabel, d.h. es kann eine Begutachtung des Raumempfindens durch die Fußgängerinnen und Fußgänger geben, aber auch eine Detailerfassung, z.B. zu den abgesenkten Bordsteinen oder den Grün- und Rot-Zeiten an Lichtsignalschaltungen.

Der Charme dieser Vorgehensweise liegt darin, dass die Aussagen den bisherigen Diskussionen und Beschlüssen widersprechen, sie unterstützen oder zu erneuten Diskussionen anregen können. Um einen Nutzen daraus zu ziehen, muss man sich darauf einlassen, dass auch Laien oder Ortsfremde planerisch denken können. So können durch „BlitZlicht“ neue Aspekte in die Diskussion gelangen oder auch Details, die neue Sichtweisen ermöglichen. Mitunter ist es ein einziger Aspekt, der dazu führt, dass man der Lösung eines Problems näher kommt.

„BlitZlicht“ wurde als zweitältestes auf den Fußverkehr ausgerichtetes Format bereits Ende der 1970er Jahre durch Bernd Herzog-Schlagk entwickelt, vom Arbeitskreis Verkehr und Umwelt UMKEHR e.V. in Berlin-Moabit erstmals erprobt und später vom Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. mehrfach in deutschen Städten durchgeführt. Sie ist der Methode der Momentaufnahme sowie der Expertenbeobachtung zuzuordnen. Einige dieser Fußverkehrs-Checks finden Sie in der Rubrik Beispiele.

Aufbauend auf diesen Fußverkehrs-Check wurde im Rahmen des Projektes „Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien“ 2017 ein weiterer Fußverkehrs-Check mit dem Titel „Wetterleuchten“ entwickelt und erprobt. Bei diesem werden die Ergebnisse aus dem „BlitZlicht“ einem breiteren Publikum vorgestellt und mit ihm diskutiert.

Wetterleuchten

ist ein Format eines Fußverkehrs-Checks, welches als eine Gruppen-Begehung auf einem vorhergehenden Fach-Check z.B. „BlitZlicht“ aufbaut. Dabei werden die Ergebnisse der ersten Mängelanalyse sowie die Ideen und Vorschläge für Verbesserungen der Infrastruktur den Vertreterinnen und Vertretern aus der Verwaltung, aus Verbänden und örtlichen Gremien vor-, zur Abstimmung und zur Diskussion gestellt, und zwar in dieser Reihenfolge. Die Länge des gemeinsam zu begehenden Weges sollte 2,5 Kilometer nicht wesentlich überschreiten und es sollten möglichst nur 10, maximal aber 15 Orte genauer betrachtet werden, so dass der Fußverkehrs-Check etwa innerhalb von möglichst 2 bis maximal 3 Stunden (evtl. mit einer gemeinsamen Kaffee-Pause) durchzuführen ist.

 

Fußverkehrs-Check im Format „Wetterleuchten“ in Jena
Foto: Christiane Herzog- Schlagk, FUSS e.V.

Die Beteiligten werden gebeten, das Protokoll selbst zu schreiben und erhalten dafür eine Schreibunterlage, ein Schreibgerät sowie eine Protokollvorlage „Wetterleuchten“ (PDF).(5) Nach einer kurzen Einführung zum „Wetterleuchten“ (6) werden seitens der Leitung jeweils an den Betrachtungsorten kurz die Probleme und die vorgeschlagenen Lösungsansätze vorgetragen, die sich aus dem vorhergehenden Fach-Fußverkehrs-Check im Format „BlitZlicht“ ergaben. Die Beteiligten sollen sich dann entscheiden und in die Protokoll-Vorlage eintragen, ob sie im Wesentlichen mit den Vorschlägen einverstanden sind oder diese eher ablehnen. Darüber hinaus sollen sie einschränkende oder erweiternde Anmerkungen und zusätzliche Ideen protokollieren und gegebenenfalls wie bei einem Ortstermin miteinander diskutieren und abwägen. Die Protokolle werden anschließend als Meinungsbild zusammengefasst.(7)

Je unterschiedlicher die Zusammensetzung der Beteiligten ist, umso deutlicher können Meinungsverschiedenheiten auftreten. Die Leitung sollte in solchen Fällen lediglich moderieren, so dass es bei einem „Wetterleuchten“ (heat lightning) bleibt und nicht in ein „Gewitter“ umschlägt. Ziel der Vorgehensweise ist es, die Beteiligten nicht nur zu informieren und auf Probleme aufmerksam zu machen, sondern sie zu einer persönlichen Stellungnahme zu motivieren und diese in Gesprächen auf den Wegen zu den Betrachtungsorten sowie an den Betrachtungsorten selbst auszutauschen.

Die Methode wurde im Rahmen des Projektes „Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien“ von Bernd Herzog-Schlagk vom Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. im Mai 2017 entwickelt und erstmals in der Modellstadt Jena erprobt.(8) Sie ist der Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen. Einige dieser Fußverkehrs-Checks finden Sie in der Rubrik Beispiele.

Stadt wahrnehmen! - walk and notice

Dieser Fußverkehrs-Check verfolgt das Ziel, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer gemeinschaftlichen Begehung zu einer Grob- und Detail-Analyse des öffentlichen Raumes aus der Sicht von Fußgängerinnen und Fußgängern zu motivieren und anschließend die eigenen Eindrücke mit den Wahrnehmungen der anderen Teilnehmenden zu vergleichen und zu diskutieren.

 

Fußverkehs-Check im Format „Stadt wahrnehmen!“ in Berlin
Foto: Prof. Dr. Oliver Schwedes

Die Beteiligten werden gebeten, auf einem genau festgelegten Weg mit einer maximalen Länge von 2 Kilometern etwa 45 Minuten lang möglichst mit niemandem zu sprechen, die Handys auszuschalten und jeder für sich die Eindrücke festzuhalten. Sie erhalten dafür eine Wegeprotokoll-Vorlage „Stadt wahrnehmen!“ (PDF) (8) mit einer Wegeskizze, die in maximal 15 Bereiche unterteilt ist. In der kurzen Einführung „Stadt wahrnehmen!“ (9) wird darum gebeten, jeden einzelnen Straßenabschnitt oder Platz und jede einzelne Querungsanlage auf diesem Weg als „eher positiv“ oder „eher negativ“ zu beurteilen und dies auch zu begründen. „Zwischenbeurteilungen“ sind ganz bewusst nicht vorgesehen. Nach dem Eintreffen am Endpunkt wird der gleiche Weg innerhalb von wiederum 45 bis 75 Minuten als Gruppe im Format einer Ortsbesichtigung gemeinsam zurückgelegt. An jedem Punkt wird durch den lediglich moderierenden Exkursionsleiter abgefragt, wer ein „+“ oder ein „-“ gesetzt hat und anschließend werden insbesondere die „Minderheiten-Eindrücke“ abgefragt und diskutiert.

Ist der zu gehende Wegabschnitt aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mehr als zwei Kilometer lang oder ist eine eher genauere/langsamere Begehung zu erwarten, sollte er nur ein Mal begangen werden. Bei dieser Variante folgt jeweils nach der individuellen Beurteilung gleich das gemeinsame Gespräch.

Die Vorbereitung und vor allem die Suche nach einer aussagekräftigen Wegeführung kann einige Zeit in Anspruch nehmen, da die Route zumindest einen Spannungsbogen mit recht unterschiedlichen Eindrücken beinhalten sollte und gleichzeitig nicht zu lang sein darf. Diese Aufgabe ist nur durch mehrere Vor-Ort-Begehungen zu bewerkstelligen. Es bietet sich nach der Festlegung sogar an, zumindest intern ein „BlitZlicht“ für den gewählten Weg durchzuführen, um bei der Gruppenbegehung qualifizierte Hinweise auf Mängel und Stärken geben zu können.

Die Methode wurde im Rahmen eines Lehrmoduls im Fachgebiet „Integrierte Verkehrsplanung“ der Technischen Universität Berlin von Bernd Herzog-Schlagk vom Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. entwickelt und im Juni 2016 erstmals mit einer Studentengruppe (10) sowie im Juni 2017 im Rahmen des Projektes „Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien“ des FUSS e.V. in der Modellstadt Rendsburg (11) und weiteren durchgeführt. Sie ist der Methode Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen. Einige dieser Fußverkehrs-Checks finden Sie in der Rubrik Beispiele.

 

Fußverkehrs-Check im Format „Stadt wahrnehmen!“ in Eisenach
Foto: Patrick Riskowsky, FUSS e.V.

Lebensqualität gestalten (Baden-Württemberg)

Der Fußverkehrs-Check ist eine der Maßnahmen auf Landesebene innerhalb der systematischen Förderung des Fußverkehrs unter dem Motto „Lebensqualität gestalten“. Dabei geht es um die Aktivierung, Unterstützung und Vernetzung der Kommunen. Durch Fußverkehrs-Checks sollen die Stärken und Schwächen im örtlichen Fußverkehr ermittelt und erste Maßnahmen vorgeschlagen und umgesetzt werden, sodass die Attraktivität und Sicherheit der Fußwege gesteigert werden.

Im Unterschied zu den anderen Formaten werden die Fachgespräche und Workshops als unverzichtbarer Teil der Fußverkehrs-Checks auch begrifflich integriert. Die Checks umfassen demnach fünf Arbeitsschritte von der Vorbereitung über den Auftakt-Workshop, die Begehung, den Abschluss-Workshop bis zur Nachbereitung.(12) Dennoch wird ein besonderer Wert auf die themen-, erfahrungs- oder erhebungsorientierten Begehungen gelegt, von denen insbesondere die beiden letztgenannten recht zeitaufwändig sein können.(13) Die drei Begehungstypen können kombiniert oder durch einzelne Aspekte erweitert werden.

Aufgrund der Erfahrungen mit den Fußverkehrs-Checks werden zwei Begehungen in unterschiedlichen Quartieren empfohlen. Bei eher kurzen Routen sind mehr als zwei Begehungen ebenfalls möglich. Wichtig ist nur, dass im anschließenden Abschlussworkshop alle Inhalte und Ergebnisse einzubeziehen sind. Zudem sollte dort eine zusammengefasste Darstellung präsentiert werden. Ausgewählte Verbesserungsvorschläge der zuvor begutachteten Standorte werden ebenfalls im Abschlussworkshop vorgestellt und diskutiert. Für die weitere Fußverkehrsplanung werden die Maßnahmen zeitlich kategorisiert sowie Prioritäten gesetzt. Außerdem sollte an dieser Stelle auch über eine Einführung in das zukünftige Planungsgeschehen von Fußgängerbedürfnissen sowie über Fußverkehrs-Förderung gesprochen werden. Zu guter Letzt sollte ein Ausblick für die Umsetzung sowie das zukünftige Vorgehen erfolgen und zeitlich eine Feedback-Runde möglich sein.

Damit die Ergebnisse des Fußverkehrs-Checks zukünftig weiter verwendet werden können, ist eine Abschlussdokumentation notwendig in der die Situation des Fußverkehrs vorgestellt, bewertet und konkrete Maßnahmenvorschläge dargelegt werden. Somit ist es für politische Gremien und auch Unbeteiligte zu jeder Zeit möglich sich in den Vorgang einzulesen und einzuarbeiten. Die Dokumentation des Fußverkehrs-Checks ist grundlegend für den weiteren Prozess des Fußverkehrs in der Kommune.

Durch dieses Verfahren soll eine Sensibilisierung und ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Fußgängerinnen und Fußgänger erreicht und die Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Vertreterinnen und Vertretern aus Institutionen, Vereinen, der Verwaltung und Politik verbessert werden.(14) Es ist der Methode Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen. Einige dieser Fußverkehrs-Checks finden Sie in der Rubrik Beispiele.

Augenschein Fußverkehr (Schweiz)

Mit diesem Fußverkehrs-Check soll erreicht werden, dass sich die Beteiligten mit den Anliegen der Fußgängerinnen und Fußgänger intensiv auseinander setzen, so dass deren Bedürfnisse an die verantwortlichen Behörden vermittelt werden können. Hierfür werden beim Fußverkehrs-Check die Schwachstellen des Fußwegenetzes ausfindig gemacht, sowie erste Lösungsansätze erarbeitet. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit, die Steigerung der Standortattraktivität der Gemeinde für die Einwohnerinnen und Einwohner sowie für Besuchende und auf die Erhöhung des Komforts für den Fußverkehr gelegt. Neben der direkten Lösungsfindung vor Ort, wird zudem auf eine schnelle Umsetzbarkeit Wert gelegt.

Für die Vorbereitung findet zum einen ein Telefon-Interview zwischen dem Fußverkehrs-Check-Experten und der Bauverwaltung statt. Zudem erhält die Bauverwaltung Unterlagen für den Fußverkehrs-Check. Zum anderem empfangen die ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor der Veranstaltung eine Frageliste, sodass bei der Durchführung des Checks zielgerichtet gearbeitet werden kann. Die Route für die spätere Begehung wird bereits festgelegt, kann aber noch durch die Ergebnisse des Workshops abgewandelt werden.

Alle Teilnehmenden treffen sich im ersten Teil der Veranstaltung in einem Saal, um dort die Mängel im Fußwegenetz und der Fußgängerorientierung anhand verschiedener Kriterien zu entdecken und in einem Plan sowie einer Liste zu notieren. Auch sollten Beispiele vorgestellt werden, bei denen eine positive Veränderung zu vermerken ist. Während des Workshops bekommt der Veranstalter einen Überblick über das Wissen der Teilnehmer.

Darauf folgend findet eine Routenbegehung statt mit den entsprechenden zuvor behandelten Schwachstellen. Diese können und sollen direkt vor Ort von den Teilnehmenden diskutiert werden. Durch die Teilnahme verantwortlicher Behörden, wird erhofft, dass bereits während des Fußverkehrs-Checks Lösungsansätze vorgeschlagen werden. Es ist sinnvoll, die Schwachstellen fotografisch festzuhalten und dazu Notizen niederzuschreiben. Außerdem sind die Erkenntnisse der Begehung zu notieren. Hilfreich ist es, neben der Leitung eine Begleitperson für die Protokollierung einzuplanen.

Während der Nachbereitung des Checks wird ein ausführlicher Bericht erfasst, der sowohl eine Einschätzung der Qualität des Fußverkehrs beinhaltet, als auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Zudem ist zu überlegen, ob eine Skizze mit Verbesserungsvorschlägen für die betroffenen Schwachstellen angefertigt werden sollte.

Insgesamt ist für die Leitung ein Arbeitsaufwand von ungefähr drei bis vier Arbeitstagen einzuplanen. Für die Bauverwaltung sind lediglich ein bis zwei Tage, für die Teilnehmenden ein halber Tag zu kalkulieren.

Augenschein Fußverkehr wurde 2005 vom Fachverband Fussverkehr Schweiz entwickelt (15) und ist der Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen.

Pilotprojekt / Schnellcheck (Österreich)

Dieser Fußverkehrs-Check ist ein Angebot des österreichischen Vereines für Fußgängerinnen und Fußgänger. Gemeinsam mit den Gemeinden werden die Schwachstellen eines Fußverkehrsnetzes ermittelt, Verbesserungen für diese vorgeschlagen, sowie erste Lösungsansätze erarbeitet. Auch spielt das Erkennen der Potenziale des Fußverkehrsnetzes ebenfalls eine wesentliche Rolle. Der inhaltliche Schwerpunkt des Pilotchecks ist der Komfort und die Sicherheit der Fußgängerinnen und Fußgänger im Fußverkehrsnetz. Außerdem werden lokalen Umsetzungsaspekten besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Neben den verantwortlichen Behörden für den Fußverkehr, sind lokale Fußgängerinnen und Fußgänger (ohne Vorkenntnisse) von zentraler Bedeutung. Denn somit können die konkreten Fußgängerbedürfnisse identifiziert werden und direkt vor Ort an die zuständige Verwaltung weitergeleitet werden. Bevor die Durchführung des eigentlichen Checks beginnt, wird zunächst von der Leitung eine Erstbegehung ohne Bericht durchgeführt, um sich somit einen ersten Eindruck der Lage zu verschaffen.

Die Durchführung des Fußverkehrs-Checks erfolgt in zwei Abschnitten. In der Einführung erläutert die Leitung zunächst die wichtigsten Ziele eines Fußverkehrs-Checks und eruiert gemeinsam mit der Gemeinde die Wohlfühlorte und Stolpersteine des Ortes, sodass mit Hilfe dieser Anhaltspunkte gemeinsam eine Route festgelegt wird, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend im zweiten Teil mit der Führung abgehen. Im zweiten Teil der Check-Begehung werden die zuvor besprochenen Aufenthaltsorte besichtigt, diskutiert und gemeinsame Lösungsansätze vor Ort entwickelt und notiert. Es entsteht somit ein Protokoll mit den erbrachten Erkenntnissen des Fußverkehrs-Checks.

Der Fußverkehrs-Check befasst sich beispielsweise mit den folgenden Fragen:

  • Bestehen direkte Wegeverbindungen?
  • Wie komfortabel sind die Kreuzungsbereiche
  • Sind die Wege frei von Behinderungen?
  • Wie sind die Bedingungen nachts?

Nach der Begehung werden die wichtigsten Ergebnisse im Protokoll zusammengetragen und bei Bedarf in einem Plan dargestellt. Außerdem werden die Maßnahmen in kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungen – in Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde - kategorisiert. Wobei hier die Priorität auf die umsetzbaren Maßnahmen gelegt wird. Der Arbeitsaufwand beträgt von einem halben Tag bis zu zwei Tage – abhängig der Gebietsgröße.(16)

Der Check ist der Methode der Momentaufnahme und Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen. Einige dieser Fußverkehrs-Checks finden Sie in der Rubrik Beispiele.

Nahmobilitäts-Check (Hessen)

Der hessische Nahmobilitäts-Check verfolgt das Ziel, allgemein die Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel zu verbessern und somit auch die Lebensqualität sowie die Verkehrssicherheit zu steigern. Mithilfe des Checks soll ein auf die Kommune zugeschnittener Maßnahmeplan erstellt werden.

Die Modellstädte können zwischen sieben Themenschwerpunkten wählen: Fußverkehr, Radverkehr, Schulwege, Verkehrssicherheit, Nahmobilität und ÖPNV, Barrierefreiheit sowie Stadtraumgestaltung. Pro Themenschwerpunkt gibt es zudem weitere sieben Handlungsfelder: Infrastruktur, Recht und Organisation, Strategische Verankerung, Gestaltung, Kommunikation und Information, Akteure und Prozesse sowie Wechselwirkungen mit anderen Themenschwerpunkten. Zudem kann über die Gebietsabgrenzung zwischen Landkreis, Stadt/Gemeinde und Ortsteil/Quartier gewählt werden.

Zunächst einmal ist es wichtig, die Zielsetzung des Checks zu definieren sowie das räumliche Handlungsfeld abzugrenzen. Anschließend findet eine Bestandsaufnahme, Bewertung und Einordnung der Nahmobilitätsfreundlichkeit statt. Es folgt das Aufzeigen von Handlungsbedarf und ihre Handlungsoptionen. Es werden Maßnahmen identifiziert, ausgearbeitet und konkretisiert. Daraufhin wird der Nahmobilitätsplan zur Ergebnisdokumentation angefertigt und die Maßnahmen werden priorisiert.

Das Land Hessen hat in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft „Nahmobilität Hessen“ (AGNH) den sogenannten Nahmobilitäts-Check ins Leben gerufen. Hierfür wurden bis ca. Mitte des Jahres 2016 Landkreise, Städte und Gemeinde aufgerufen, sich als Pilotkommunen zu bewerben. Zum Zeitpunkt der Zusammenstellung lagen noch keine Ergebnisse vor.(17)

Sicherheitsaudit von Straßen

Verkehrswissenschaftler und Planer haben vergleichbare Fragestellungen an die Infrastruktur zu einem anerkannten Analyse- und Bewertungs-Instrumentarium entwickelt. In Deutschland bieten seit 2002 die „Empfehlungen für das Sicherheitsaudit an Straßen (ESAS 2002)“ das Handwerkszeug für eine Abfrage der Situation bezüglich der Verkehrssicherheit, weniger aber der Akzeptanz und nicht des Komforts von Querungsanlagen. Mit diesen Empfehlungen wird ausdrücklich keine „Auditierung bestehender Straßen – wie im Ausland vielfach praktiziert - … vorgeschlagen“(18); sie beziehen sich lediglich auf den „Neu-, Um- oder Ausbau“ von Straßen.(19)

Bei diesen Checks geht es nicht vorrangig um die Fußgänger, aber auch ihre Verkehrssicherheit spielt eine wesentliche Rolle. Es geht auch nicht darum, den Fußverkehr zu fördern oder den Gehkomfort zu verbessern und wenn doch, dann wiederum im engen Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit. Beispielhaft geht es also nicht um die Umwegempfindlichkeit von Fußgängern, sondern um die Gefahren, die mit einem direkten Weg über die Fahrbahnen und nicht im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich verbunden sind.

Die Vorgehensweise ist in vier Auditphasen gegliedert: 1. Vorplanung, 2. Vorentwurf, 3. Ausführungsentwurf und 4. Verkehrsfreigabe (18) und in der Anlage wird diese Gliederung für die Checklisten für Stadtstraßen übernommen und zusätzlich noch einmal zwischen Hauptverkehrs- und Erschließungsstraßen unterschieden.(20) Dadurch ist ein sehr umfangreiches Listenwerk entstanden und wer lediglich die Fragestellungen für einen eigenen Fußverkehrs-Check ermitteln möchte, muss viel Text lesen. Allerdings hat der FUSS e.V. bei seinen Fußverkehrs-Audits die darin enthaltenen ausführlichen Check-Listen einbezogen und empfiehlt dies generell für Mängel-Analysen auch im bestehenden Straßennetz (siehe Check-Listen).

Die Umsetzung dieser Sicherheitsaudits ist ausdrücklich für Verwaltungen, Fachbüros oder Universitäten vorgesehen, „als Grundqualifikation [gilt] ein abgeschlossenes einschlägiges Hochschulstudium“.(21) Mit der Zertifizierung von Auditoren und einer Listenführung von „anerkannten Ausbildungsstellen“ bei der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt wurde das Verfahren nicht unbedingt transparenter.(22) Mit einer zu starken Hervorhebung der Verkehrssicherheit in einem Planungsverfahren haben es die anderen Aspekte des Städtebaus, der Umwelt, der Lebensqualität, der Gesundheit, etc. im Nachhinein schwer bei einem Abwägungsverfahren.(23) Zudem werden die Straßennutzer nicht gefragt, wo sie sich unwohl und gefährdet fühlen, das kann erst nach dem Neu-, Um- oder Ausbau erfolgen.

Zeitreihenvergleich vor und nach einer Neugestaltung

Dieser Check soll dazu dienen, die Entwicklungen vor und nach einer Neugestaltung an einem Ort zu erfassen: Ob zum Beispiel Veränderungen des Fußverkehrsaufkommens zu beobachten sind oder wie sich der Fußverkehr in Bezug auf andere Mobilitätsalternativen verhält. Das bedeutet, dass die Wirksamkeit der baulichen Umgestaltung überprüft werden soll.

Veranlassen muss den Check also die Stelle, die eine Maßnahme umsetzen will. In der Vorbereitung muss der zu verändernde Standort präzise abgesteckt und in einzelne Beobachtungsabschnitte gegliedert werden. Die Erhebung erfolgt anhand von Fotografien, Videos und Text. Die Durchführung des Fußverkehrs-Checks beinhaltet eine Vorher-, Zwischen- und Nachher-Erhebung, um die Auswirkungen der geplanten, bzw. durchgeführten Verkehrsregelung zu ermitteln. Hierfür gibt es verschiedene Aktivitäten, um diesen Check durchzuführen, die für ein aussagendes Ergebnis am besten alle drei angewendet werden.

  • Zählung: Die zu untersuchenden Personen (wie z.B. Fußgängerinnen/Fußgänger und/oder Fahrradfahrerinnen/Fahrradfahrer) werden in verschiedenen Zählquerschnitten und in einer bestimmten Zeitspanne gezählt. Hierbei wird auch erfasst, in welche Richtung die Personen gehen, usw.
  • Verhaltens- und Interaktions-Beobachtung: Sie werden anhand einer Videokamera analysiert.
  • Aufenthalts-Beobachtung: In einer Zeitspanne werden zu bestimmten Zeitpunkten (z.B. alle zwei Stunden) alle Personen erfasst, die sich an dem Untersuchungsort, sei es für kürzer oder länger, aufhalten.

Es ist bei diesen Aktivitäten zwischen verschiedenen Aufenthaltsnutzungen und Straßenabschnitten zu unterscheiden. Die Erhebung für den Zeitreihenvergleich wird über mehrere Jahre hinweg vollzogen und sollte ca. einmal im Jahr stattfinden. Wichtig dabei ist es, dass jeweils unter ähnlichen Bedingungen erhoben wird (vergleichbares Wetter, gleiche Jahreszeit, Wochentag oder Wochenende, etc.).

Bei der Nachbereitung werden die aufgezeichneten Ergebnisse unter unterschiedlichen Schwerpunkten analysiert (zum Beispiel: Tagesverlauf des Fußgängeraufkommens, Vergleich nach Bürgersteigseiten oder Gehrichtungen, etc). Hierbei ist darauf zu achten, die Folgen der Maßnahmen im Laufe der Zeit zu betrachten. Für die Durchführung wird Zähl- und Beobachtungspersonal benötigt, welches zum Beispiel Studierende sein können.

Das Format wurde in Zürich für den Limmatquai entwickelt und von Daniel Sauter 2004, 2005 und 2008 dort durchgeführt. (24) Dieser Check ist den Methoden Zeitausschnitt und Momentaufnahme zuzuordnen.

Behaviour Mapping

Dieser Check kommt ursprünglich aus dem Bereich der Umweltpsychologie. Das Format ist in Bezug zu den Fußverkehrs-Checks interessant, weil es das zu beobachtende Verhalten in Verbindung mit der umliegenden Umwelt betrachtet. Das bedeutet, dass an den ausgesuchten Erhebungsort(en) die Bevölkerungszusammensetzung und die Aktivitäten im Raum auf strukturelle soziale Aspekte hin untersucht werden. Der Check analysiert hauptsächlich die soziale Sicherheit und wie gerne sich Menschen in dem öffentlichen Bereich aufhalten. Er erfasst die Bevölkerungszusammensetzung und die Aktivitäten, die in dem Raum ausgeführt werden.

Für eine aussagekräftige Untersuchung ist eine ordentliche Vorbereitung notwendig. Hierfür sind in einer Tabelle Erfassungskriterien zusammenzustellen und es muss eine Karte für den Untersuchungsraum erstellt werden. Bei der Ausführung werden alle Personen, die sich im entsprechenden Raum aufhalten, auf einer Karte eingezeichnet und in einer Tabelle erfasst.

Die Nachbereitung von Behaviour Mapping ist aufgrund der Vielzahl der Attribute relativ komplex. Sie erfordert ein Grundverständnis sozialer Prozesse, um die Bevölkerungszusammensetzung sowie die Aktivitäten am untersuchten Ort auf strukturelle soziale Aspekte hin zu analysieren. Ist zum Beispiel ein geringer Frauenanteil im öffentlichen Raum zu vermerken, kann es beispielsweise auf ein geringes Sicherheitsempfinden hinweisen. Doch ein Vorteil des Formates ist, dass den erfassten Objekten aufgrund der Tabelle mehrere Attribute zugewiesen werden können.(25)

Das Behaviour Mapping ist der Methode der Momentaufnahme zuzuordnen.

Analyse der Fußgängerfreundlichkeit für ältere Menschen

Dieser Fußverkehrs-Check ist spezialisiert auf die Bedürfnisse älterer Menschen im Fußverkehr und untersucht, welche Infrastruktur für diese Zielgruppe vorhanden ist, bzw. geschaffen werden muss. Ganz konkret genannt werden als Indikatoren z.B.

  • Sitzgelegenheiten in regelmäßigen Abständen
  • Anbringen von Handläufen
  • Absenkungen aller Gehwege
  • Optimierung des Fußwegenetzes mit besonderer Berücksichtigung funktionaler Ziele (Haltestellen des ÖPNV, Einzelhandelsgeschäfte, öffentliche Parks, etc.)
  • gute Beleuchtung
  • guter Belag (für Rollatoren, etc.).

Ziel des Fußverkehrs-Checks ist es, die Fußwege so sicher, zugänglich und angenehm wie möglich zu gestalten, sodass Personen mit eingeschränkter Mobilität (meist ältere Menschen) sich alleine in ihrem Quartier, ihrer Gemeinde, etc. fortbewegen können. Dazu wird eine Mängelanalyse bei einem ausgewählten Weg durchgeführt, mit deren Hilfe dann Maßnahmen geplant und umgesetzt werden können.

Wichtig ist auch der Austausch der Teilnehmenden im Rahmen der Begehung, so dass neue Ideen aufgenommen werden und eine Kommunikation zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern und der Verwaltung stattfindet.

Im Vorbereitungsprozess ist die Leitung dafür zuständig, Wege ausfindig zu machen sowie auszuwählen, Einladungen zur Teilnahme an der Analyse zu verschicken (primär an ältere Menschen) und eine Bestandsaufnahme der vorhandenen fußgängerfreundlichen Gegebenheiten durchzuführen. Danach findet ein Gruppenspaziergang von ungefähr 1 ½ Stunden statt. Hierbei gibt es ein Formular für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei denen Hindernisse (analog der oben genannten Indikatoren) aufgeführt werden und sie diese ankreuzen sollen, sobald sie solche wahrnehmen.

In der Nachbereitung wird die Begehung unter dem Gesichtspunkt der Mobilität (Sicherheit, Zugänglichkeit, Verkehrsberuhigung) analysiert. Die Präsentation der Ergebnisse sollte spätestens drei Monate nach der Begehung erfolgen, womit die Absicht zum Ausdruck gebracht wird, so rasch wie möglich konkrete Veränderungen umzusetzen. Eine Karte mit der Übersicht, welche Fußwege bereits fußgängerfreundlich gestaltet sind und wo neue Maßnahmen getroffen werden sollen, ist für die Veranschaulichung hilfreich. Außerdem ist es sinnvoll, die erfassten Mängel in einer zeitlichen Prioritätenliste zusammenzustellen. Nützlich ist ebenfalls eine Abteilung festzulegen bzw. zu gründen, die für die Aktualisierung und Pflege der GIS-Daten zuständig ist und die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen verfolgt. Ein Etappenzeitplan für die Umsetzung sollte angefertigt werden, so dass notwendige Investitionen abhängig von den Bedürfnissen und Gelegenheiten auf die folgenden Jahre verteilt werden können.

Allgemein ist dieser Fußverkehrs-Check besonders interessant für Einrichtungen wie Senioren-Pflegeheime, betreutes Wohnen oder aber Verbände wie „Senioren mitgestalten – mitbestimmen“. Die beschriebene Analyse fand in der Stadt Neuenburg in der Schweiz statt, in der viele ältere Menschen leben. Dort wurde die Begehung auf Initiative der Beauftragten für ältere Menschen, also der Dienststelle für das Gesundheitswesen von der Stadt Neuenburg durchgeführt.(26) Die Analyse ist der Methode Begehung mit Betroffenen zuzuordnen.

Nachhaltiges Entwerfen, Bewirtschaften und Aneignen städtischer Parkanlagen

Durch den Check wurde untersucht, inwiefern öffentliche Parks die soziale Nachhaltigkeit in städtischen Siedlungen unterstützen. Gefördert werden sollte eine sozial nachhaltige Nutzung von öffentlichen Räumen, indem die dafür notwendige Planung, Gestaltung und Bewirtschaftung ermittelt wurden.

Um eine solche Untersuchung durchzuführen, mussten die Zeitspanne sowie die verschiedenen Durchführungstage zu unterschiedlichen Tageszeiten festgelegt werden. Außerdem waren in den (städtischen) Parks die genauen Beobachtungspositionen (Orte, die einen guten Überblick erlauben) auszuwählen. Bei der Check-Durchführung wurden unmittelbar nach der Beobachtungsphase die beobachteten Vorgänge dokumentiert und durch Gespräche mit Parknutzerinnen und Parknutzern ergänzt. Die Daten sind mithilfe des geografischen Informationssystem (GIS) erfasst worden. In der anschließenden Nachbereitung wurden die unterschiedlichen Personentypen kategorisiert, sowie die räumliche Verteilung der Aktivitäten ermittelt. Daraus konnte geschlussfolgert werden, ob die untersuchte Parkanlage einen Beitrag zur Förderung der sozialen Nachhaltigkeit leistet.

Im genannten Beispiel wurde drei Jahre lang die Qualität einer Auswahl öffentlicher Parks in der Stadt Zürich unter dem Gesichtspunkt der sozialen Durchmischung erforscht.(27) Das Format wird der Methode der teilnehmenden Beobachtung zugeordnet.

Schwachstellen-Erhebung mit Tablet-Computer

Bei diesem Fußverkehrs-Check werden während der Rundgänge mit unterschiedlichen Personengruppen die Tablets zur Unterstützung der Datenerfassung von allen Teilnehmenden benutzt. Es wird das Ziel verfolgt, die Schwachstellen in bestimmten Quartieren zu identifizieren und zu dokumentieren. Dabei liegt das Augenmerk insbesondere auf den Bedürfnissen von Kindern (Schulwegen) und Senioren.

Bevor der Fußverkehrs-Check durchgeführt wird, ist es sinnvoll, mit den Verantwortlichen der Stadt/Gemeinde Arbeitskreise zu bilden. Diese stellen anschließend den ersten Kontakt zu den Ansprechpersonen der Interessengruppen her, mit denen dann eine Informationsveranstaltung durchgeführt wird. Mit dem Check sollen vor allem Schülerinnen und Schüler, Quartierbewohnerinnen und -bewohner, Seniorinnen und Senioren, sowie Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Mobilitätsbehinderung sowie deren Betreuungspersonen angesprochen werden.

Wenn eine Organisation sich für einen Fußverkehrs-Check ausspricht, muss im Einzelnen geregelt werden, mit welchem Fokus und welchem Gebiet gearbeitet werden soll und wie detailliert vorzugehen ist. In der Einführungsveranstaltung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird dann erläutert, welches die Schwachstellen im Fußverkehrsnetz sind und wie diese am besten erfasst werden können. Hinzu kommt, dass die Teilnehmenden in die Funktionalität des Tablets eingeführt werden und den vorher erstellten Fragebogen beantworten müssen. Jede Gruppe überlegt individuell für sich eine Wegstrecke, die sich für den zuvor ausgearbeiteten Schwerpunkt eignet, sodass diese in den Kleingruppen abgegangen werden kann. Dank der Tablets können pro Stelle ein bis zwei Fotos geschossen und die erfassten Daten (Fotos mit Kurztext) sofort hochgeladen werden. Es erfolgt eine Diskussion in der Gruppe über allgemeine und spezielle Standorte und ein anschließendes Korrigieren, Ergänzen und Vervollständigen der eigenen Dateien auf dem Tablet. Zur Unterstützung ist hierbei ein Berater anwesend, der bei Fragen behilflich ist.

Bei der Nachbearbeitung werden ein Übersichtsplan und eine Tabelle mit den Rohdaten der Erhebung erstellt. Diese stehen anschließend dem Fachpersonal zur Ergänzung und Bearbeitung zur Verfügung. Für die identifizierten Schwachstellen des Fußverkehrsnetzes werden Lösungsansätze erarbeitet, Prioritäten gesetzt und die Zuständigkeiten ergänzt. Es erfolgt eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Erkenntnissen. Anschließend werden die zuvor erarbeiteten Daten mit der Gemeinde bzw. dem Auftraggeber besprochen und gegebenenfalls komplettiert. Zum Ende gibt es ein Fazit mit dem weiteren Vorgehen und einer Bereinigung der Zusammenfassung.

Insgesamt ist für die Fachperson je nach Gebietsgröße und Aufwand ungefähr acht bis zehn Arbeitstage einzuplanen und für die Teilnehmenden je nach Konzept ein bis eineinhalb Tage. Dieser Fußverkehrs-Check war Teil des Gemeinschaftsprojektes „GEMEINDE BEWEGT“ des Kantons St.Gallen (Schweiz).(28) Das Format ist der Methode Begehung mit Betroffenen sowie der Befragung zuzuordnen.

Check ohne Ortsbegehung

Diese Fußverkehrs-Checks finden im Gegensatz zu allen anderen bisher beschriebenen Checks in einem Veranstaltungsraum statt und nicht auf Straßen oder Plätzen. Die Ziele und Schwerpunkte können so vielfältig sein, wie die Checks und Begehungen im Öffentlichen Raum. Deshalb wurden sie hier nur aufgenommen, um darzustellen, dass auch dies möglich ist. Sie finden dafür zwei Beispiele unter: Gemeinde bewegt und Sofa-Check

Quellen und Anmerkungen:

  1. Die Burano-Methode ist das einzige hier aufgenommen Format eines Fußverkehrs-Checks, dass die „Methode“ im Titel hat.
  2. Frey, Oliver; Maurer, Susanne; Reutlinger, Christian; Kessl, Fabian: Handbuch Sozialraum, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden August 2005 1. Auflage und Fussverkehr Schweiz(Hrsg.), Samuel Flükiger, Henny Leuba: Qualität von öffentlichen Räumen – Methoden zur Beurteilung der Aufenthaltsqualität, Zürich September 2015 sowie Forschungsstelle Eisenheim: Burano – eine Stadtbeobachtungsmethode zur Beurteilung der Lebensqualität. Oberhausen, 1976
  3. Stadtentwicklung Wien (Hrsg.): Elisabeth Irschik, Astrid Konrad, ff.: Christian-Broda-Platz: Prozess – AkteurInnen – Nutzung, Wien März 2011.
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.): Merkblatt für die Ausbildung und Zertifizierung der Sicherheitsauditoren von Straßen MAZS, Ausgabe 2009
  5. Eine verkürzte Protokollvorlage von der Begehung in der Modellstadt Jena des Projektes „Fußverkehrsstrategie“.
  6. veränderbare Vorlage als Beispiel für eine Einführung in den Fußverkehrs-Check „Wetterleuchten“
  7. Die Auswertung der Protokollvorlagen des Fußverkehrs-Checks in Jena finden Sie unter unter www.fussverkehrsstrategie.de > Jena oder den Check „Wetterleuchten“ als Download
  8. Die Protokollvorlage von der Begehung in der Modellstadt Eisenach des Projektes „Fußverkehrsstrategie“.
  9. veränderbare Vorlage als Beispiel für eine Einführung in den Fußverkehrs-Check „Stadt wahrnehmen!“
  10. Genauere Informationen finden Sie unter www.junge-leute-zu-fuss.de > Fachexkursion
  11. Eine Übersicht über die Aktivitäten in der Modellstadt Rendsburg finden Sie unter www.fussverkehrsstrategi.de > Rendsburg oder den Check „Stadt wahrnehmen“ als Download
  12. Genaueres finden Sie unter Konzeption Fußverkehrs-Checks als Teil der Fußverkehrsförderung des Landes Baden-Württemberg
  13. Siehe Methoden Themen-, Erfahrungs-, und Erhebungsorientierte Begehungen
  14. Eine ausführliche Beschreibung finden Sie in der Broschüre der Planersocietät – Stadtplanung, Verkehrsplanung, Kommunikation (Auftragnehmer), NVBW – Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (Auftraggeber): Fußverkehrs-Checks, Leitfaden zur Durchführung, Dortmund/Karlsruhe, Oktober 2016, Seite 14 oder als Download
  15. Siehe Fussverkehr Schweiz (Hrsg.): Augenschein Fussverkehr, Zürich, 31. Mai 2005 und Fussverkehr Schweiz (Hrsg.): Augenschein Fussverkehr - Instrument für ein besseres Fusswegnetz, März 2006. www.fussverkehr.ch > Redaktion > Augenschein.
  16. Nähere Informationen und weitere hilfreiche Beispielfragen für einen Fußverkehrs-Check finden Sie in walk-space.at – Der Österreichische Verein für FußgängerInnen (Hrsg.): „Fussgängercheck“ für Städte & Gemeinden. www.walk-space.at > Beschreibung
  17. Vgl. Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain: Nahmobilitäts-Check – Pilotkommunen gesucht!, www.ivm-rheinmain.de > Pilotkommunen gesucht , aufgerufen am: 27.12.2017, www.wirtschaft.hessen.de > Pressemitteilung, www.primavera24.de > Nahmobilitäts-Check, www.planersocietaet.de > Namobilitäts-Check in Hattersheim und Limburg, Offenbach: www.mobilitaetloesung.de > Mobilitätskonzepte ; www.leitbildmobilitaet.de > Mobilitätsforum 6/2016
  18. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Empfehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen ESAS (R 2), Ausgabe 2002, 3. Auditphasen
  19. ESAS 2002, 1.2 Geltungsbereich und 1.3 Ziel und Definition des Sicherheitsaudits
  20. ESAS 2002, Anhang 2.3 Hauptverkehrsstraßen und 2.4 Erschließungsstraßen
  21. ESAS 2002, 7.1 Anforderungen an die Auditoren und noch eindeutiger in MAZS, 2. Anforderungen an den auszubildenden Auditor
  22. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hrsg.): Merkblatt für die Ausbildung und Zertifizierung der Sicherheitsauditoren von Straßen MAZS (R 2), Ausgabe 2009. Kritische Anmerkungen finden Sie unter: www.geh-recht.de > Planungsgrundlagen > Empfehlungen-Sicherheitsaudit
  23. Das Wort „Abwägung“ taucht zwar im Text der ESAS auf, ist aber in den Ablaufplänen nicht enthalten.
  24. Detailliertere Informationen finden Sie in Urban Mobility Research / Stadt Zürich, Sauter, Daniel: Das Limmatquai vor und nach der Neugestaltung. Fuss- und Veloverkehrsaufkommen, Verweilen im öffentlichen Raum und Verkehrsablauf im Vergleich der Jahre 2004-2005-2008, Zürich Juni 2009 und eine Kurzbeschreibung in Fussverkehr Schweiz(Hrsg.), Samuel Flükiger, Henny Leuba: Qualität von öffentlichen Räumen – Methoden zur Beurteilung der Aufenthaltsqualität, Zürich September 2015.
  25. siehe Cosco, Nilda G., Robin C. Moore, Mohammed Z. Islam: Behavior Mapping: A Method for Linking Preschool Physical Activity and Outdoor Design, in: Official Journal of the American College of Sports Medicine, USA Dezember 2009 und eine Kurzbeschreibung in Fussverkehr Schweiz (Hrsg.), Samuel Flükiger, Henny Leuba: Qualität von öffentlichen Räumen – Methoden zur Beurteilung der Aufenthaltsqualität, Zürich September 2015.
  26. Girod, Isabell: Analyse der Fussgängerfreundlichkeit und der Sitzgelegenheiten für ältere Menschen, Neuenburg Juni 2017. www.mobilservice.ch > Praxis , abgerufen am 26.07.2017.
  27. Swiss National Science Foundation (Hrsg.), Elisabeth Bühler-Conrad, Heidi Kaspar, Frank Ostermann: NFP 54 Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung – Nachhaltiges Entwerfen, Bewirtschaften und Aneignen städtischer Parkanlagen, Zürich, Dezember 2008 und Fussverkehr Schweiz(Hrsg.), Samuel Flükiger, Henny Leuba: Qualität von öffentlichen Räumen – Methoden zur Beurteilung der Aufenthaltsqualität, Zürich September 2015.
  28. Den Schlussbericht, den Leitfaden und die zehn Berichte aus den Pilotgemeinden finden Sie unter: www.strukturelle-bewegungsfoerderung.ch > Gemeinde_Bewegt Weitere Quellen sind: Fussverkehr Schweiz (Hrsg.): „GEMEINDE BEWEGT“ - Leitfaden zur Umsetzung von struktureller Bewegungsförderung in den Gemeinden, St.Gallen, Dezember 2013, Kanton St.Gallen Gesundheitsdepartement, Bildungsdepartement, Baudepartement, Furrer, Robert für Fussverkehr St.Gallen: „GEMEINDE BEWEGT“: Strukturelle Bewegungsförderung in der Stadt St.Gallen: Problemstellen im Fuss- und Veloverkehr – Erhebungen im Quartier Lachen / Sömmerli der Stadt St.Gallen, St.Gallen, Oktober 2013, Fussverkehr Schweiz (Hrsg.); Schweizer, Thomas: Fussverkehrs-Check in den Kommunen – Beispiele aus der Schweiz, Stuttgart, Februar 2015 und Amt für Gesundheitsvorsorge, Amt für Sport und dem Tiefbauamt, Fachstelle Fuss- und Veloverkehr: Kanton St.Gallen: GEMEINDE BEWEGT – Merkblatt Version 1.0, St.Gallen.

Die Literatur zum Thema wurde noch einmal gesondert zusammengestellt.